Mittwoch, April 19, 2006

Bundesstrafgericht zum Urteilen verurteilt

In einem gestern veröffentlichten und zur Publikation vorgesehenen Entscheid vom 28.3.2006 hiess das Bundesgericht eine Beschwerde der Bundesanwaltschaft gut und verknurrte das Bundesstrafgericht dazu, einen Fall zu beurteilen, für den sich dieses zuerst nicht zuständig erachtete.

Es ging um einen in der Schweiz lebenden Schweizer, dem Beteiligung an einem von Griechenland ausgehenden international organisierten Drogenhandel vorgeworfen wurde.

Die Mitbeschuldigten wurden am 26.6.2001 durch das Appellationsgericht Nafplio (Griechenland) wegen gewerbsmässiger Herstellung von Amphetaminen schuldig gesprochen. Die in Griechenland produzierten Drogen sollen in Schiffsgeneratoren nach den Arabischen Emiraten exportiert und dann in Westeuropa verkauft worden sein. Der Rückfluss des Gewinnes nach Griechenland erfolgte über verschiedene Finanzinstitute. Das Griechische Labor - welches weltweit eines der grössten Produktionsbetriebe für Amphetamintabletten gewesen sein soll - soll der Firma des Schweizers gehört haben.

Bevor der Fall von der Bundesanwaltschaft beim Bundesstrafgericht zur Anklage gebracht wurde, verhandelten der Berner Generalprokurator und der Bundesanwalt über den Gerichtsstand, den letzterer schliesslich, wenn auch widerwillig, anerkannte.

Das Bundesstrafgericht trat auf die Anklage nicht ein, mit der Begründung, es liege keine Bundesgerichtsbarkeit vor, da dem beschuldigten Schweizer weder Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation vorgehalten werde, noch aus dem Sachverhalt Hinweise auf eine kriminelle Organisation als Urheberschaft der Tat ersichtlich seien.

Das Bundesgericht war hingegen der Ansicht, dass das urteilende Gericht grundsätzlich an eine zwischen den Strafverfolgungsorganen getroffene Gerichtsstandsvereinbarung gebunden sei, vorbehältlich eines eigentlichen Ermessensmissbrauchs, welcher hier verneint wurde.

Was lernen wir aus dieser Geschichte ?
Während der Drogenhandel international grenzüberschreitend problemlos funktioniert und floriert gibt es in unserem kleinen Land Schweiz zwischen den eng zusammenliegenden Territorioal-Grenzen nach wie vor noch allenthalben mühselige und zeitraubende Zuständigkeitskonflikte. Nicht zuletzt deshalb mussten die Griechischen Mittäter nur gerade mal 14 Monate auf ihre rechtskräftige Verurteilung warten, während ihr Schweizer Kollege bald 6 Jahre nach Beginn der Strafverfolgung immer noch ohne Urteil dasteht. Zumindest was die global funktionierende Effizienz anbelangt, kann die Strafverfolgung also vom Drogenhandel noch einiges lernen. Vielleicht sollten sich Vertreter der beiden Berufsstände mal zu einem Erfahrungsaustausch zusammentun.

Sonntag, April 09, 2006

Gehörlose Justitia

Dass Justitia blind ist, ist ja hinlänglich bekannt. Manchmal ist sie jedoch auch gehörlos. In der Regel verletzt sie in solchen Fällen jedoch den verfassungsmässigen Anspruch des rechtlichen Gehörs. Nicht so in einem Fall, welcher am vergangenen Donnerstag in Lausanne vor der zweiten Zivilkammer des Bundesgerichtes verhandelt wurde (s. Tagesanzeiger vom 7.4.2006).

Manchmal ist unsere allseits geschätzte Göttin der Gerechtigkeit wirklich nicht zu beneiden, wenn man bedenkt, was sie sich mitunter alles anhören muss. Ein ganz spezieller Kunde, der Justitia mit seinen zahlreichen Verbalinjurien regelmässig die Ohren zu verschmutzen geruht, ist der Zürcher Richterschreck Franz-Josef Schulte-Wermeling.

Herr Schulte-Wermeling ist nicht nur dafür bekannt, dass er Verkehrsbussen nicht zu zahlen pflegt und meist noch damit durchkommt (s. hier). Er ist auch bekannt dafür, seine Abneigung gegen Justitias Diener diesen oder Dritten gegenüber jeweils offen kund zu tun (s. schon hier).

So auch in einem Fall vor dem Zürcher Obergericht. Zu Grunde lag eine Verkehrsbusse, welche das zuständige Polizeirichteramt der Ehefrau von Herrn Schulte-Wermeling aufbrummen wollte. Diese wehrte sich, vertreten durch ihren Gatten, dagegen und bekam vor Bezirksgericht Horgen recht. Da ihr Ehegatte jedoch ein Gesuch um Ablehnung von Richtern gestellt hatte, wurden ihr Kosten aufgebrummt.

Dagegen wehrte sie sich, wiederum vertreten durch ihren Ehegatten, vor Obergericht. Dieses legte das Rechtsmittel jedoch ohne weitere Folgen ab, da die Rechtsschrift mit ungebührlichem Inhalt versehen war, so u.a. eine offenbar beleidigende Karrikatur einer Oberrichterin. Bereits 1997 hatte das Obergericht Herrn Schulte-Wermeling angedroht, Rechtsschriften mit ungebührlichem Inhalt künftig einfach abzulegen und nicht darauf einzutreten.

Das Bundesgericht wies eine Beschwerde von Frau Schulte-Wermeling, diesmal vertreten durch eine Anwältin, mit 4:1 stimmen ab. Die Mehrheit des Gerichts war der Meinung, die Setzung einer Nachfrist für Schulte-Wermeling wäre sinnlos gewesen. Dieser beleidige Richter seit Jahrzehnten absichtlich und systematisch. Da das Obergericht Schulte-Wermeling bereits im Jahr 1997 gewarnt hatte, künftige Beschwerden mit beleidigendem Inhalt folgenlos abzulegen, sei dieses Vorgehen in casu zulässig gewesen.

Dagegen vertrat der Präsident der zuständigen zweiten Zivilabteilung, Niccolò Raselli, eine tolerantere Auffassung und empfahl seinen Richterkollegen, in solchen Fällen mehr Gelassenheit an den Tag zu legen. Die richtige Sanktion wäre in solchen Fällen eine Ordnungsbusse. Auf das Begehren einfach nicht einzutreten, sei jedoch verfassungswidrig.

Die Anwältin von Frau Schulte-Wermeling will den Entscheid nun vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anfechten.

Labeo hat sich ja schon im Falle von Anwälten, welche sich in Rechtsschriften ungebührlicher Ausdrücke bedienen, für eine strenge Haltung eingesetzt. In diesen Fällen sieht das Anwaltsgesetz die entsprechenden Sanktionen vor. Im Falle von Herrn Schulte-Wermeling ist der Mehrheitsentscheid des Bundesgerichts ebenfalls zu begrüssen. Wer, wie Herr Schulte-Wermeling, schon mehrfach seine klare Haltung dokumentiert hat, die hiesigen staatlichen Gerichte nicht zu respektieren und dies diesen mit regelmässigen Verbalinjurien auch immer wieder klar macht, der kann nicht erwarten, dass die Gerichte ihm noch zuhören. Darauf beharren zu wollen, wäre rechtsmissbräuchlich. Oder anders ausgedrückt (weniger juristisch und dafür in Anlehnung an die Sprachgepflogenheiten von Herrn Schulte-Wermeling): wer die Ohren von Justitia regelmässig mit Müll zustopft, der darf sich nicht wundern, wenn Justitia nichts mehr hört.

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