CHStPO: Kommentar zu Art. 18 - 21
Art. 18 Zwangsmassnahmengericht
1 Das Zwangsmassnahmengericht ist zuständig für die Anordnung der Untersuchungs- und der Sicherheitshaft und, soweit in diesem Gesetz vorgesehen, für die Anordnung oder Genehmigung weiterer Zwangsmassnahmen.
2 Mitglieder des Zwangsmassnahmengerichts können im gleichen Fall nicht als Sachrichterinnen oder Sachrichter tätig sein.
Art. 19 Erstinstanzliches Gericht
1 Das erstinstanzliche Gericht beurteilt in erster Instanz alle Straftaten, die nicht in die Zuständigkeit anderer Behörden fallen.
2 Bund und Kantone können als erstinstanzliches Gericht ein Einzelgericht vorsehen für die Beurteilung von:
a. Übertretungen;
b. Verbrechen und Vergehen, mit Ausnahme derer, für welche die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren, eine Verwahrung nach Artikel 64 StGB, eine Behandlung nach Artikel 59 Absatz 3 StGB oder, bei gleichzeitig zu widerrufenden bedingten Sanktionen, einen Freiheitsentzug von mehr als zwei Jahren beantragt.
Art. 20 Beschwerdeinstanz
1 Die Beschwerdeinstanz beurteilt Beschwerden gegen Verfahrenshandlungen und gegen nicht der Berufung unterliegende Entscheide:
a. der erstinstanzlichen Gerichte;
b. der Polizei, der Staatsanwaltschaft und der Übertretungsstrafbehörden;
c. des Zwangsmassnahmengerichts in den in diesem Gesetz vorgesehenen Fällen.
2 Bund und Kantone können die Befugnisse der Beschwerdeinstanz dem Berufungsgericht übertragen.
Art. 21 Berufungsgericht
1 Das Berufungsgericht entscheidet über:
a. Berufungen gegen Urteile der erstinstanzlichen Gerichte;
b. Revisionsgesuche.
2 Wer als Mitglied der Beschwerdeinstanz tätig geworden ist, kann im gleichen Fall nicht als Mitglied des Berufungsgerichts wirken.
3 Mitglieder des Berufungsgerichts können im gleichen Fall nicht als Revisionsrichterinnen und Revisionsrichter tätig sein.
Diese Bestimmungen befassen sich mit den verschiedenen Gerichtsinstanzen, welche die CHStPO vorsieht. In der konkreten Ausgestaltung dieser Gerichtsinstanzen in organisatorischer und funktionaler Hinsicht sind Bund und Kantone relativ frei (Art. 14). So ist es ihnen freigestellt, die Funktion mehrerer Gerichtsinstanzen ein- und demselben Gericht zu übertragen. So wäre es bspw. zulässig, die Funktion des Zwangsmassnahmengerichtes einem erstinstanzlichen Gericht oder gar dem Berufungsgericht zu übertragen. Lediglich die Variante, die Funktion des Zwangsmassnahmengerichtes der Beschwerdeinstanz zu übertragen scheidet wohl aus, da die von der CHStPO vorgesehene Beschwerdemöglichkeit gegen Entscheide des Zwangsmassnahmengerichtes gewährleistet werden muss. Denkbar wäre aber, sowohl die Funktion des Zwangsmassnahmengerichtes wie auch die Funktion der Beschwerdeinstanz dem Berufungsgericht zu übertragen. In diesem Fall ist jedoch zu gewährleisten, dass nicht diejenigen Mitglieder des Berufungsgerichts im Berufungsverfahren mitwirken, welche bereits in gleicher Sache als Zwangsmassnahmenrichter oder als Mitglied der Beschwerdeinstanz mitgewirkt haben (Art. 18 Abs. 2 und Art. 21 Abs. 2).
Ebenfalls nicht zulässig, obwohl im Gesetzestext nicht explizit erwähnt, wäre die Mitwirkung desselben Richters in derselben Sache in der Beschwerdeinstanz bezüglich einer Beschwerde gegen einen Entscheid, bei dem er als Zwangsmassnahmenrichter oder erstinstanzlicher Richter mitgewirkt hat (dies gilt selbstverständlich auch im Verhältnis Berufungsgericht - erstinstanzliches Gericht). Genauso ausgeschlossen ist die Mitwirkung des Zwangsmassnahmenrichters in derselben Sache beim erstinsanzlichen Gericht (Art. 18 Abs. 2).
Gemäss Art. 21 Abs. 3 können Mitglieder des Berufungsgerichts auch nicht als Revisionsrichter in derselben Sache tätig sein. Diese Bestimmung ist besonders deshalb von praktischer Relevanz, da die CHStPO keine gesonderte Revisionsinstanz vorsieht. Gemäss CHStPO gibt es nur noch zwei Rechtsmittel gegen Sachurteile: die Berufung (als ordentliches Rechtsmittel) und die Revision bezüglich rechtskräftiger (erst- oder zweitinstanzlicher) Urteile. Gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. b urteilt das Berufungsgericht auch über Revisionsgesuche.
Freiheit in der Organisation der Gerichtsinstanzen (Art. 14) besteht auch hinsichtlich deren Bezeichnung. So wäre es Bund und Kantonen grundsätzlich erlaubt, die Berufungsinstanz als Appellationsgericht zu benennen, bezeichnen doch die Art. 18 - 21 lediglich die Aufgaben der Gerichte und nicht deren Benennung.
Ebenfalls autonom gestützt auf Art. 14 sind Bund und Kantone grundsätzlich in der Frage, ob sie die Gerichtsinstanzen als Einzel- oder Kollegialgerichte einsetzen wollen. Dies jedoch mit gewissen Einschränkungen:
Beim erstinstanzlichen Gericht ist gemäss Art. 19 Abs. 2 lit. b die Einsetzung eines Einzelrichters unzulässig bezüglich Fälle, in denen der Staatsanwalt eine Freiheitsstrafe von mehr als 2 Jahren, eine Verwahrung nach Art. 64 StGB oder eine Behandlung nach Art. 59 Abs. 3 StGB beantragt. Dies muss wohl sinnvollerweise auch für das Berufungsgericht gelten, obschon das so klar nicht aus dem Gesetzestext hervorgeht. Klarerweise zulässig dürfte die Einsetzung eines Einzelrichters als Zwangsmassnahmenrichter sein (s.a. Botschaft, BBl 2006, S. 1138). Was die Beschwerdeinstanz anbelangt, ergibt sich aus Art. 395, dass Bund und Kantone befugt sind, Einzelrichter als Beschwerdeinstanz einzusetzen.
Eine Anmerkung sei an dieser Stelle noch zu Art. 20 Abs. 1 lit. c angebracht:
Aus dieser Bestimmung erhellt, dass nicht gegen alle Entscheide des Zwangsmassnahmengerichtes Beschwerde erhoben werden kann. Interessanterweise ist dies gerade bei der einschneidensten Massnahme, nämlich der Haftanordnung, nicht der Fall. Gemäss Art. 222 ist die Beschwerde gegen Haftentscheide lediglich möglich, wenn die Untersuchungshaft oder Sicherheitshaft 3 Monate gedauert hat. Legitimiert ist in jedem Fall auch lediglich die inhaftierte Person, nicht also auch die Staatsanwaltschaft.
Zulässig ist die Beschwerde jedoch für den Überwachten (währenddem die Staatsanwaltschaft wiederum nicht zum Ergreifen von Rechtsmitteln gegen die Verweigerung der Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht legitimiert ist) uneingeschränkt bezüglich praktisch sämtlicher übriger Entscheide des Zwangsmassnahmengerichtes (Anorndung der Telefonüerwachung, Art. 279 Abs. 3; Überwachung mit technischen Überwachungsgeräten, Art. 281 Abs. 4 i.Vb.m. Art. 279 Abs. 3; Überwachung von Bankbeziehungen, Art. 285 Abs. 4; verdeckte Ermittlung, Art. 298 Abs. 3). Kein Rechtsmittel besteht gegen die Bewilligung einer DNA-Massenuntersuchung durch das Zwangsmassnahmengericht (Art. 256 i.Vb.m. Art. 20 Abs. 1 lit. c). Während der Sinn des Ausschlusses der Beschwerdemöglichkeit bei DNA-Massenuntersuchungen noch einleuchtet (beschwerdelegitimiert wäre eben die "Masse", was die Kapazitäten der Beschwerdeinstanz wohl sprengen würde), ist sie bei der Untersuchungs- und Sicherheitshaft zwar in den bisherigen kantonalen Strafprozessordnungen üblich, aber m.E. nicht auf den ersten Blick nachvollziehbar.
1 Das Zwangsmassnahmengericht ist zuständig für die Anordnung der Untersuchungs- und der Sicherheitshaft und, soweit in diesem Gesetz vorgesehen, für die Anordnung oder Genehmigung weiterer Zwangsmassnahmen.
2 Mitglieder des Zwangsmassnahmengerichts können im gleichen Fall nicht als Sachrichterinnen oder Sachrichter tätig sein.
Art. 19 Erstinstanzliches Gericht
1 Das erstinstanzliche Gericht beurteilt in erster Instanz alle Straftaten, die nicht in die Zuständigkeit anderer Behörden fallen.
2 Bund und Kantone können als erstinstanzliches Gericht ein Einzelgericht vorsehen für die Beurteilung von:
a. Übertretungen;
b. Verbrechen und Vergehen, mit Ausnahme derer, für welche die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren, eine Verwahrung nach Artikel 64 StGB, eine Behandlung nach Artikel 59 Absatz 3 StGB oder, bei gleichzeitig zu widerrufenden bedingten Sanktionen, einen Freiheitsentzug von mehr als zwei Jahren beantragt.
Art. 20 Beschwerdeinstanz
1 Die Beschwerdeinstanz beurteilt Beschwerden gegen Verfahrenshandlungen und gegen nicht der Berufung unterliegende Entscheide:
a. der erstinstanzlichen Gerichte;
b. der Polizei, der Staatsanwaltschaft und der Übertretungsstrafbehörden;
c. des Zwangsmassnahmengerichts in den in diesem Gesetz vorgesehenen Fällen.
2 Bund und Kantone können die Befugnisse der Beschwerdeinstanz dem Berufungsgericht übertragen.
Art. 21 Berufungsgericht
1 Das Berufungsgericht entscheidet über:
a. Berufungen gegen Urteile der erstinstanzlichen Gerichte;
b. Revisionsgesuche.
2 Wer als Mitglied der Beschwerdeinstanz tätig geworden ist, kann im gleichen Fall nicht als Mitglied des Berufungsgerichts wirken.
3 Mitglieder des Berufungsgerichts können im gleichen Fall nicht als Revisionsrichterinnen und Revisionsrichter tätig sein.
Diese Bestimmungen befassen sich mit den verschiedenen Gerichtsinstanzen, welche die CHStPO vorsieht. In der konkreten Ausgestaltung dieser Gerichtsinstanzen in organisatorischer und funktionaler Hinsicht sind Bund und Kantone relativ frei (Art. 14). So ist es ihnen freigestellt, die Funktion mehrerer Gerichtsinstanzen ein- und demselben Gericht zu übertragen. So wäre es bspw. zulässig, die Funktion des Zwangsmassnahmengerichtes einem erstinstanzlichen Gericht oder gar dem Berufungsgericht zu übertragen. Lediglich die Variante, die Funktion des Zwangsmassnahmengerichtes der Beschwerdeinstanz zu übertragen scheidet wohl aus, da die von der CHStPO vorgesehene Beschwerdemöglichkeit gegen Entscheide des Zwangsmassnahmengerichtes gewährleistet werden muss. Denkbar wäre aber, sowohl die Funktion des Zwangsmassnahmengerichtes wie auch die Funktion der Beschwerdeinstanz dem Berufungsgericht zu übertragen. In diesem Fall ist jedoch zu gewährleisten, dass nicht diejenigen Mitglieder des Berufungsgerichts im Berufungsverfahren mitwirken, welche bereits in gleicher Sache als Zwangsmassnahmenrichter oder als Mitglied der Beschwerdeinstanz mitgewirkt haben (Art. 18 Abs. 2 und Art. 21 Abs. 2).
Ebenfalls nicht zulässig, obwohl im Gesetzestext nicht explizit erwähnt, wäre die Mitwirkung desselben Richters in derselben Sache in der Beschwerdeinstanz bezüglich einer Beschwerde gegen einen Entscheid, bei dem er als Zwangsmassnahmenrichter oder erstinstanzlicher Richter mitgewirkt hat (dies gilt selbstverständlich auch im Verhältnis Berufungsgericht - erstinstanzliches Gericht). Genauso ausgeschlossen ist die Mitwirkung des Zwangsmassnahmenrichters in derselben Sache beim erstinsanzlichen Gericht (Art. 18 Abs. 2).
Gemäss Art. 21 Abs. 3 können Mitglieder des Berufungsgerichts auch nicht als Revisionsrichter in derselben Sache tätig sein. Diese Bestimmung ist besonders deshalb von praktischer Relevanz, da die CHStPO keine gesonderte Revisionsinstanz vorsieht. Gemäss CHStPO gibt es nur noch zwei Rechtsmittel gegen Sachurteile: die Berufung (als ordentliches Rechtsmittel) und die Revision bezüglich rechtskräftiger (erst- oder zweitinstanzlicher) Urteile. Gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. b urteilt das Berufungsgericht auch über Revisionsgesuche.
Freiheit in der Organisation der Gerichtsinstanzen (Art. 14) besteht auch hinsichtlich deren Bezeichnung. So wäre es Bund und Kantonen grundsätzlich erlaubt, die Berufungsinstanz als Appellationsgericht zu benennen, bezeichnen doch die Art. 18 - 21 lediglich die Aufgaben der Gerichte und nicht deren Benennung.
Ebenfalls autonom gestützt auf Art. 14 sind Bund und Kantone grundsätzlich in der Frage, ob sie die Gerichtsinstanzen als Einzel- oder Kollegialgerichte einsetzen wollen. Dies jedoch mit gewissen Einschränkungen:
Beim erstinstanzlichen Gericht ist gemäss Art. 19 Abs. 2 lit. b die Einsetzung eines Einzelrichters unzulässig bezüglich Fälle, in denen der Staatsanwalt eine Freiheitsstrafe von mehr als 2 Jahren, eine Verwahrung nach Art. 64 StGB oder eine Behandlung nach Art. 59 Abs. 3 StGB beantragt. Dies muss wohl sinnvollerweise auch für das Berufungsgericht gelten, obschon das so klar nicht aus dem Gesetzestext hervorgeht. Klarerweise zulässig dürfte die Einsetzung eines Einzelrichters als Zwangsmassnahmenrichter sein (s.a. Botschaft, BBl 2006, S. 1138). Was die Beschwerdeinstanz anbelangt, ergibt sich aus Art. 395, dass Bund und Kantone befugt sind, Einzelrichter als Beschwerdeinstanz einzusetzen.
Eine Anmerkung sei an dieser Stelle noch zu Art. 20 Abs. 1 lit. c angebracht:
Aus dieser Bestimmung erhellt, dass nicht gegen alle Entscheide des Zwangsmassnahmengerichtes Beschwerde erhoben werden kann. Interessanterweise ist dies gerade bei der einschneidensten Massnahme, nämlich der Haftanordnung, nicht der Fall. Gemäss Art. 222 ist die Beschwerde gegen Haftentscheide lediglich möglich, wenn die Untersuchungshaft oder Sicherheitshaft 3 Monate gedauert hat. Legitimiert ist in jedem Fall auch lediglich die inhaftierte Person, nicht also auch die Staatsanwaltschaft.
Zulässig ist die Beschwerde jedoch für den Überwachten (währenddem die Staatsanwaltschaft wiederum nicht zum Ergreifen von Rechtsmitteln gegen die Verweigerung der Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht legitimiert ist) uneingeschränkt bezüglich praktisch sämtlicher übriger Entscheide des Zwangsmassnahmengerichtes (Anorndung der Telefonüerwachung, Art. 279 Abs. 3; Überwachung mit technischen Überwachungsgeräten, Art. 281 Abs. 4 i.Vb.m. Art. 279 Abs. 3; Überwachung von Bankbeziehungen, Art. 285 Abs. 4; verdeckte Ermittlung, Art. 298 Abs. 3). Kein Rechtsmittel besteht gegen die Bewilligung einer DNA-Massenuntersuchung durch das Zwangsmassnahmengericht (Art. 256 i.Vb.m. Art. 20 Abs. 1 lit. c). Während der Sinn des Ausschlusses der Beschwerdemöglichkeit bei DNA-Massenuntersuchungen noch einleuchtet (beschwerdelegitimiert wäre eben die "Masse", was die Kapazitäten der Beschwerdeinstanz wohl sprengen würde), ist sie bei der Untersuchungs- und Sicherheitshaft zwar in den bisherigen kantonalen Strafprozessordnungen üblich, aber m.E. nicht auf den ersten Blick nachvollziehbar.
1 Comments:
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