Mittwoch, Oktober 17, 2007

CHStPO: Kommentar zu Art. 6

Art. 6 Untersuchungsgrundsatz
1 Die Strafbehörden klären von Amtes wegen alle für die Beurteilung der Tat und der beschuldigten Person bedeutsamen Tatsachen ab.
2 Sie untersuchen die belastenden und entlastenden Umstände mit gleicher Sorgfalt.


Die Strafbehörden haben sämtliche für die Beurteilung von Tat und beschuldigter Person erforderlichen Beweise von Amtes wegen zu sammeln (Abs. 1). Ziel des Strafverfahrens ist die Erforschung der materiellen (historischen) Wahrheit (Botschaft, BBl 2006, S. 1130).

Nicht ausser Acht gelassen werden darf jedoch, dass die Erforschung der materiellen Wahrheit immer nur in den durch die StPO vorgegebenen Formen und Schranken zu erfolgen hat. Dies hat zur Folge, dass es in manchen Fällen letztendlich trotzdem bei der sog. formellen (oder prozessualen) Wahrheit bleibt. Einschränkungen der Pflicht zur Suche nach der materiellen Wahrheit ergeben sich etwa aus Art. 140 f. Art. 140 verbietet gewisse Beweiserhebungsmethoden absolut. Art. 141 statuiert ein Verwertungsverbot bezüglich rechtswidrig erlangter Beweise. Dieses ist einerseits eingeschränkt mit Bezug auf die Verwertung von Beweismitteln, welche zur Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich sind (Art. 141 Abs. 2). Andererseits wird das Verwertungsverbot in Art. 141 Abs. 4 auf die sog. „fruits of the poisonous tree“ ausgeweitet. Eine weitere Einschränkung erfährt das Ziel der Erforschung der materiellen Wahrheit etwa auch im in Art. 10 Abs. 3 statuierten Grundsatz „in dubio pro reo“. Danach ist bei unüberwindbaren Zweifeln an der Schuld des Angeklagten von der für ihn günstigeren Sachlage auszugehen, auch wenn ein anderer Geschehnisverlauf wahrscheinlicher wäre. Aus diesen Einschränkungen erhellt, dass die materielle Wahrheit im modernen Strafprozess zwar ein anzustrebendes Ziel darstellt, dessen Erreichung jedoch keineswegs alles untergeordnet wird und das auch bei weitem nicht immer erreicht wird.

Abs. 2 verpflichtet die Strafbehörden zur Objektivität. Diese Bestimmung drängt sich angesichts der starken Stellung der Staatsanwaltschaft auf, welche sowohl die Verantwortung für das Vorverfahren wie auch für die Anklageerhebung und Anklagevertretung innehat. Im Gegensatz zum Staatsanwaltsmodell orientiert sich das Untersuchungsrichtermodell am Ideal des das Vorverfahren leitenden unabhängigen Untersuchungsrichters. Beim sog. Untersuchungsrichtermodell I ist der Staatsanwalt sowohl im Vorverfahren wie auch im gerichtlichen Hauptverfahren Partei. Beim sog. Staatsanwaltsmodell II, das in der CHStPO gewählt wurde, ist die Aufgabe des Staatsanwaltes in gewisser Weise zweigeteilt. Während er im Vorverfahren die Verfahrensleitung innehat, tritt er vor Gericht als Partei auf. Wegen des Fehlens des Untersuchungsrichters im Vorverfahren drängt es sich hier auf, im Sinne eines Korrektivs den Staatsanwalt zu verpflichten, sowohl die belastenden wie auch die entlastenden Beweismittel mit gleicher Sorgfalt zu erforschen und bis zu einem gewissen Grade auch nach entlastenden Beweismitteln zu suchen, welche von der Verteidigung nicht offeriert wurden. Im gerichtlichen Hauptverfahren ist der Staatsanwalt indes Partei und es kann von ihm wohl kaum mehr erwartet werden, sich den entlastenden Beweismitteln in gleichem Ausmasse zu widmen wie den belastenden. Diese Pflicht geht im Hauptverfahren quasi auf den urteilenden Richter über.

2 Comments:

Anonymous Anonym said...

L'art. 6 CPPS exprime l' ambiguïté du modèle de procédure retenu par le législateur. Plutôt que d'un système accusatoire, je qualifierais le modèle du CPPS de système mixte sans juge d'instruction.

Le système accusatoire tend en effet à la recherche de la vérité "dialectique" ou procédurale. L'accent est mis sur les débats, durant lesquels les deux thèses contradictoires de l'accusation et de la défense s'affrontent en audience publique.

Or l'on constate que le CPPS met l'accent sur l'instruction, durant laquelle le procureur est maître de la procédure, la défense ne pouvant théoriquement notamment que "présenter des requêtes" (art. 109 CPPS) sur lesquelles le Procureur statuera.

Le CPPS confère aussi une place importante aux preuves recueillies durant l'instruction, lesquelles devront être prises en compte par le Tribunal du fond (art. 350 al. 2 CPPS), alors qu'en bonne logique accusatoire seuls les preuves administrées au cour des débats publics devraient en principe être prises en compte.

De plus, selon l'art. 343 al. 3 CPPS le Tribunal du fond ne devrait réitérer l'administration des preuves recueillies durant l'instruction que si la connaissance directe du moyen de preuve "apparaît nécessaire au prononcé du jugement" ce qui paraît problématique au regard de l'art. 6 CEDH...

Durant l'instruction, le Procureur peut désigner lui-même l'expert (art. 182 et 184). Lorsque l'on connaît l'importance que prennent les expertises, il aurait été préférable de laisser cette tâche au Tribunal des mesures de contrainte, ou alors d'admettre expressément les expertises présentées par la défense.

Ce qui précède me semble confirmer que le CPPS prévoit un modèle "juge d'instruction" sans juge d'instruction...

L'injonction contenue dans l'art. 6 al. 2 CPPS suffira-t-elle à rendre un procureur impartial durant l'instruction?

11:24 AM  
Blogger labeo said...

In der Tat muss man sich fragen, ob Art. 6 Abs. 2 in der Praxis mehr als rein appellatorische Wirkung haben wird. Man darf nicht ausser Acht lassen, dass der Mensch grundsätzlich erfolgsorientiert handelt. Und da auch Staatsanwälte (nur) Menschen sind, werden sie wohl primär danach trachten, sich ein möglichst erfolgsversprechendes Anklagefundament zu schaffen. Hinzu kommt der Umstand, dass in der Praxis auf Beschwerden gegen durch den Staatsanwalt abgelehnte Beweisanträge nicht eingetreten wird mit der Begründung, diese könnten vor dem urteilenden Gericht erneut gestellt werden. Da auch der Richter ein erfolgsorientiert denkender Mensch ist, wird er danach trachten, die Hauptverhandlung möglichst komplikationslos zu Ende zu bringen und könnte daher gegenüber Beweisanträgen, welche womöglich einen Unterbruch der Hauptverhandlung zur Folge haben könnten, eventuell nicht unbedingt positiv eingestellt sein. Damit wären wir wieder bei Art. 3 Abs. 1 angelangt, den man auch so verstehen könnte: im Zentrum jeden Strafverfahrens steht der Mensch. Und da wie bereits festgestellt nicht nur der Bschuldigte ein Mensch ist, mit allen der Natur des Menschen eigenen Unzulänglichkeiten, hängt ja vielleicht die Qualität eines Strafverfahrens weniger vom anwendbaren Verfahren als von den dieses anwendenden Menschen ab ?

10:36 PM  

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