CHStPO: Kommentar zu Art. 29 und 30
Art. 29 Grundsatz der Verfahrenseinheit
1 Straftaten werden gemeinsam verfolgt und beurteilt, wenn:
a. eine beschuldigte Person mehrere Straftaten verübt hat; oder
b. Mittäterschaft oder Teilnahme vorliegt.
2 Handelt es sich um Straftaten, die teilweise in die Zuständigkeit des Bundes fallen oder die in verschiedenen Kantonen und von mehreren Personen begangen worden sind, so gehen die Artikel 25 und 33–38 vor.
Art. 30 Ausnahmen
Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte können aus sachlichen Gründen Strafverfahren trennen oder vereinen.
Art. 29 Abs. 1 normiert den Grundsatz, dass ein Täter für mehrere verübte Straftaten in einem Verfahren verfolgt und beurteilt werden soll. Dasselbe gilt im Verhältnis zwischen mehreren Haupttätern oder Haupttäter und Teilnehmer (Gehilfen, Anstifter). Art. 30 erlaubt im Sinne einer Ausnahme, aus sachlichen Gründen davon abzuweichen.
Die entsprechenden Bestimmungen, welche sich mit der Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Kantonen befassen (Art. 25) sowie die Bestimmungen, welche den örtlichen Gerichtsstand regeln (Art. 33 - 38) gehen gemäss Art. 29 Abs. 2 der Bestimmung von Art. 29 Abs. 1 ausdrücklich vor. Bei der Frage der örtlichen Zuständigkeit resp. der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Bund und Kantonen handelt es sich genau genommen um ein anderes Thema als das von den Art. 29 und 30 geregelte. Aus diesem Grund hat man diese beiden Artikel in der definitiven Vorlage in einem eigenen 2. Abschnitt im 2. Kapitel über die sachliche Zuständigkeit platziert. Vor dem 3. Kapitel, welches sich mit dem Gerichtsstand befasst. Noch im Entwurf wurde der Grundsatz der Verfahrenseinheit mit der Regelung des Gerichtsstandes vermischt.
Art. 29 Abs. 1 in der vorliegenden definitiven Fassung regelt als selbständigen Verfahrensgrundsatz die Verfahrenseinheit im "Binnenverhältnis", also bei mehreren strafbaren Handlungen durch denselben Täter oder strafbaren Handlungen welche von mehreren Tätern oder Teilnehmern begangen werden, für welche aber jeweils ein und dieselbe Gebietskörperschaft (Bund oder Kanton) zuständig sind. Sachlich hängt dieser Grundsatz mit Art. 49 StGB zusammen, welcher besagt, dass der Täter bei Begehung mehrerer strafbarer Handlungen, für welche gleichartige Strafen verwirkt wurden, nach dem sog. Asperationsprinzip zu verurteilen ist (Abs. 1) und dass dies auch dann zu berücksichtigen ist, wen der Täter in einem späteren Zeitpunkt in einem separaten Verfahren für Taten verurteilt wird, welche er vor einer früheren Verurteilung begangen hat (Abs. 2). In diesem Fall soll der Täter nicht strenger bestraft werden, als wenn er für sämtliche Taten gleichzeitig beurteilt würde.
Aus Art. 49 StGB (resp. früher Art. 68 StGB) lässt sich jedoch, wie das Bundesgericht ausdrücklich festgestellt hat, kein Anspruch ableiten, für mehrere strafbare Handlungen von demselben Richter in demselben Verfahren beurteilt zu werden (Bundesgerichtsentscheid 6S.414/2002 vom 6.3.2003). Dieser Anspruch, welcher sich bereits aus einigen kantonalen Strafprozessordnungen ergibt, wird nun auch in der CHStPO mittels Art. 29 Abs. 1 im Grundsatz geschaffen.
Als sachliche Gründe, welche ein Abweichen vom Grundsatz der Verfahrenseinheit gem. Art. 29 Abs. 1 erlauben (Art. 29 Abs. 2), kämen etwa die drohende Verjährung einzelner strafbarer Handlungen oder die Komplexität des Verfahrens in Frage. Auch der Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung kann eine Abtrennung einzelner (entscheidungsreifer) Verfahrensteile gebieten. Zu den Auswirkungen einer (rechtswidrigen) Verfahrensabtrennung auf die Verfahrenskosten: Bundesgerichtsentscheid 1P.705/2003 vom 27.5.2004
1 Straftaten werden gemeinsam verfolgt und beurteilt, wenn:
a. eine beschuldigte Person mehrere Straftaten verübt hat; oder
b. Mittäterschaft oder Teilnahme vorliegt.
2 Handelt es sich um Straftaten, die teilweise in die Zuständigkeit des Bundes fallen oder die in verschiedenen Kantonen und von mehreren Personen begangen worden sind, so gehen die Artikel 25 und 33–38 vor.
Art. 30 Ausnahmen
Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte können aus sachlichen Gründen Strafverfahren trennen oder vereinen.
Art. 29 Abs. 1 normiert den Grundsatz, dass ein Täter für mehrere verübte Straftaten in einem Verfahren verfolgt und beurteilt werden soll. Dasselbe gilt im Verhältnis zwischen mehreren Haupttätern oder Haupttäter und Teilnehmer (Gehilfen, Anstifter). Art. 30 erlaubt im Sinne einer Ausnahme, aus sachlichen Gründen davon abzuweichen.
Die entsprechenden Bestimmungen, welche sich mit der Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Kantonen befassen (Art. 25) sowie die Bestimmungen, welche den örtlichen Gerichtsstand regeln (Art. 33 - 38) gehen gemäss Art. 29 Abs. 2 der Bestimmung von Art. 29 Abs. 1 ausdrücklich vor. Bei der Frage der örtlichen Zuständigkeit resp. der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Bund und Kantonen handelt es sich genau genommen um ein anderes Thema als das von den Art. 29 und 30 geregelte. Aus diesem Grund hat man diese beiden Artikel in der definitiven Vorlage in einem eigenen 2. Abschnitt im 2. Kapitel über die sachliche Zuständigkeit platziert. Vor dem 3. Kapitel, welches sich mit dem Gerichtsstand befasst. Noch im Entwurf wurde der Grundsatz der Verfahrenseinheit mit der Regelung des Gerichtsstandes vermischt.
Art. 29 Abs. 1 in der vorliegenden definitiven Fassung regelt als selbständigen Verfahrensgrundsatz die Verfahrenseinheit im "Binnenverhältnis", also bei mehreren strafbaren Handlungen durch denselben Täter oder strafbaren Handlungen welche von mehreren Tätern oder Teilnehmern begangen werden, für welche aber jeweils ein und dieselbe Gebietskörperschaft (Bund oder Kanton) zuständig sind. Sachlich hängt dieser Grundsatz mit Art. 49 StGB zusammen, welcher besagt, dass der Täter bei Begehung mehrerer strafbarer Handlungen, für welche gleichartige Strafen verwirkt wurden, nach dem sog. Asperationsprinzip zu verurteilen ist (Abs. 1) und dass dies auch dann zu berücksichtigen ist, wen der Täter in einem späteren Zeitpunkt in einem separaten Verfahren für Taten verurteilt wird, welche er vor einer früheren Verurteilung begangen hat (Abs. 2). In diesem Fall soll der Täter nicht strenger bestraft werden, als wenn er für sämtliche Taten gleichzeitig beurteilt würde.
Aus Art. 49 StGB (resp. früher Art. 68 StGB) lässt sich jedoch, wie das Bundesgericht ausdrücklich festgestellt hat, kein Anspruch ableiten, für mehrere strafbare Handlungen von demselben Richter in demselben Verfahren beurteilt zu werden (Bundesgerichtsentscheid 6S.414/2002 vom 6.3.2003). Dieser Anspruch, welcher sich bereits aus einigen kantonalen Strafprozessordnungen ergibt, wird nun auch in der CHStPO mittels Art. 29 Abs. 1 im Grundsatz geschaffen.
Als sachliche Gründe, welche ein Abweichen vom Grundsatz der Verfahrenseinheit gem. Art. 29 Abs. 1 erlauben (Art. 29 Abs. 2), kämen etwa die drohende Verjährung einzelner strafbarer Handlungen oder die Komplexität des Verfahrens in Frage. Auch der Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung kann eine Abtrennung einzelner (entscheidungsreifer) Verfahrensteile gebieten. Zu den Auswirkungen einer (rechtswidrigen) Verfahrensabtrennung auf die Verfahrenskosten: Bundesgerichtsentscheid 1P.705/2003 vom 27.5.2004
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