Montag, August 07, 2006

Vom Fristenlauf an Freitagen und Feiertagen - oder von Beschwerden und anderen störenden Tätigkeiten...

In einem heute veröffentlichten Entscheid vom 25.7.2006 hatte sich das Bundesgericht mit dem Fristenlauf an Feiertagen zu befassen.

Es ging um die Frage, ob eine Beschwerde gestützt auf Art. 10 BÜPF (Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs) rechtzeitig erhoben wurde. Die die Frist auslösende Mitteilung wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 24.11.2005 zugestellt. Dessen Beschwerde datierte vom 27.12.2005 und wurde unbestrittenermassen an diesem Tag der Post übergeben.

Mit Beschluss vom 25.4.2005 (!) trat das Obergericht des Kantons Solothurn auf die Beschwerde nicht ein, da die Beschwerdefrist verpasst worden sei. Der Beschwerdeführer hätte seine Beschwerde bereits am 26.12.2005 einreichen sollen, da der Stefanstag gemäss dem Gesetz über die öffentlichen Ruhetage des Kantons Solothurn kein Feiertag sei. Gegen diesen Entscheid führte der Beschwerdeführer staatsrechtliche Beschwerde. Er rügte u.a. überspitzten Formalismus seitens des Obergerichtes.

Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde ab. Dem Entscheid sind u.a. ausführliche Erwägungen über den Gesamtarbeitsvertrag vom 24.10.2004 zwischen dem Solothurner Regierungsrat und den öffentlich Bediensteten im Kanton Solothurn zu entnehmen. Gemäss dem auch auf die Gerichte anwendbaren GAV sind die Amtsstuben zwischen Weihnachten und Neujahr, also auch am Stefanstag, geschlossen. Dieser für das Solothurner Staatspersonal erfreuliche Umstand half dem Beschwerdeführer jedoch wenig. Das Bundesgericht vertritt die Auffassung, dass der Stefanstag für die Solothurner Verwaltung zwar ein "Freitag", jedoch kein staatlich anerkannter Feiertag gemäss § 20 StPO sei. Der Beschwerdeführer hätte seine Beschwerde also am 26.12.2005 in den Briefkasten legen müssen, auch wenn dieser durch die Post erst am 27.12.2005 gelehrt und vom zuständigen Gericht - zufolge geschlossener Amtsstuben - erst am 3.1.2006 zur Kenntnis genommen wurde.

Zu diesem Entscheid kann ich mir zwei Bemerkungen nicht verkneifen:

1. Was ist aus dem Umstand zu schliessen, dass sich das Obergericht erst rund 4 Monate nach Wiedereröffnung seiner Amsstube darauf besann, dass der Stefanstag zwar ein Freitag aber kein Feiertag ist ?

2. Der Entscheid des Bundesgerichts ist richtig unter dem Aspekt, dass das Gericht die Beschwerde zwar frühestens am 3.1.2006 zur Kenntnis nehmen konnte, der Beschwerdeführer diese jedoch ohne weiteres am Stefanstag hätte einreichen können. Selbst wenn es sich beim Stefanstag um einen Feiertag handeln würde, so könnte das Erheben von Beschwerden wohl kaum als Tätigkeit betrachtet werden, welche gemäss §5 und 6 des Solothurner Ruhetaggesetzes die Sonn- und Feiertagsruhe stört. Das Erheben von Beschwerden mag zwar von gewissen Kreisen als störend empfunden werden, lässt sich jedoch kaum unter die dort aufgeführten Tätigkeiten einreihen (als da etwa wären: Störung des öffentlichen Gottesdienstes, Schiessübungen, Variétévorstellungen, Schaustellungen, Theatervorführungen etc.). Oder doch ?

kostenloser Counter