Dienstag, Februar 28, 2006

Gut Ding will Weile haben...

Wichtige Entscheide müssen ja bekanntlich gut überlegt sein. Getreu diesem Motto scheint auch das Eidg. Untersuchungsrichteramt bei der Entscheidung über Haftentlassungsgesuche zu verfahren. Dass ein wohl bedachter Entscheid aber auch Zeit braucht, manchmal eben zu viel Zeit, zeigte sich in einem gestern veröffentlichten Entscheid des Bundesstrafgerichtes vom 8.2.2006.

In diesem Entscheid geht es um einen von der Bundesanwaltschaft wegen Geldwäscherei, Zugehörigkeit zu einer kriminellen Organisation und Betrug verfolgten Beschuldigten. Dieser wurde am 20.8.2005 verhaftet. Am 25.Oktober 2005 (merken Sie sich dieses Datum gut, ich werde darauf zurückkommen) stellte der Beschuldigte bei der Bundesanwaltschaft ein Haftentlassungsgesuch. Da der zuständige Bundesstaatsanwalt nach reiflicher Erwägung zum Schluss kam, diesem Gesuch könne nicht stattgegeben werden, leitete er dieses am 3. November 2005 dem zuständigen Eidg. Untersuchungsrichter weiter.

Der zuständige Untersuchungsrichter erkannte sofort, dass hier eine wichtige Frage von grosser Tragweite zur Entscheidung anstand. Solch wichtige Fragen müssen reiflich erwogen werden und man hüte sich vor übereilten Entscheidungen. Somit wurde dem Beschuldigten eine Frist von 10 Tagen gesetzt, innert der er zum Antrag des Bundesstaatsanwaltes auf Abweisung des Haftentlassungsgesuches Stellung nehmen konnte.

Da es aber wie gesagt um eine wichtige Entscheidung ging, erachtete es der Eidg. Untersuchungsrichter als ratsam, einen zweiten resp. dritten Schriftenwechsel anzuordnen.

Der Bundesstaatsanwalt erhielt deshalb nochmals eine Frist von 8 Tagen, sich zur Duplik des Beschuldigten zu äussern. Letzterer konnte sich schliesslich noch innert 2 Tagen zur Triplik des Bundesstaatsanwaltes äussern.

Nun brauchte natürlich der Eidg. Untersuchungsrichter auch noch ein wenig Zeit diese reiflich überdachten Repliken, Dupliken und Tripliken der Parteien zu überbli(c)ken. So wurde es 7. Dezember 2005 bis er über das Haftentlassungsgesuch entschied. Dieses wurde glücklicherweise abgewiesen (wie hätte sich wohl der Betroffene aufgeregt, wenn sein Gesuch gutgeheissen worden wäre und er 42 Tage darauf hätte warten müssen!).

Diese Geschichte zeigt deutlich, dass gerade in den wichtigsten Fragen des Strafprozessrechts, nämlich dort wo es um die persönliche Freiheit geht, die Zeit zur Entscheidfindung knapp bemessn ist, oder jedenfalls sein sollte. Dem Bundesstrafgericht waren jedenfalls diese 42 Tage bedeutend zu lange. 15 Tage hätten es höchstens sein sollen.

Übrigens: Im Kanton mit der derzeit wohl modernsten Strafprozessordnung, nämlich dem Kanton Solothurn, muss der Staatsanwalt innert 24 Stunden (ja Sie haben richtig gelesen, Stunden nicht Tage) über ein Haftentlassungsgesuch entscheiden. Will er es nicht gutheissen, muss er innert dieser Frist die Akten dem Haftrichter zum Entscheid zukommen lassen. Dieser muss dann wiederum unverzüglich entscheiden, spätestens aber innert 5 Tagen (nicht Wochen) ab Eingang des Haftentlassungsgesuches bei der Staatsanwaltschaft.

Der Kanton Solothurn nimmt also Haftentlassungsgesuche offensichtlich nicht so ernst. Soll mir doch noch einer sagen, innert solch kurzer Fristen, könnten solch wichtige Fragen seriös entschieden werden!

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