Mittwoch, Dezember 28, 2005

Das juristische Gewissen des amerikanischen Präsidenten

Diesen Beitrag möchte Labeo einem grossen Juristen der Neuzeit widmen. John Yoo, 38, Rechtsprofessor in Berkeley, outete sich gemäss einem Bericht in der heutigen Print-Ausgabe des Tagesanzeigers als das juristische Gewissen des amerikanischen Präsidenten George Bush.

Mit seinen Theorien schuf der vormals im amerikanischen Justizministerium tätige Jurist das juristische Fundament für die vom Weissen Haus in jüngster Zeit angestrebte Stärkung der Machtstellung des amerikanischen Präsidenten. Gemäss Yoo besitzt der Präsident als Oberkommandierender im Krieg gegen den Terror allumfassende Autorität, der auch die Verfassung keine Grenzen setze.

Bemerkenswert auch die Yoo'sche Definition der Folter: Folter liegt gemäss Yoo nur dann vor, wenn die Betroffenen an Organversagen sterben würden.

Labeo hat ja schon viele grosse Juristen erlebt. Aber das Beispiel von Yoo zeigt, dass es auch im modernen Amerika, allen Unkenrufen zum trotz, Juristen von beeindruckendem Intellekt gibt, welche mit messerscharfen Definitionen zu überzeugen vermögen.

Auch zu meiner Zeit haben sich die römischen Kaiser stets grosser Juristen bedient, um ihre Machtstellung auszubauen, was schliesslich in der Allmachtstellung des römischen Kaisers in der spätantiken Rechtsform des Dominats gipfelte (und notabene letztendlich im Untergang des römischen Reichs). Zur Ehrenrettung von Labeo sei hier verdeutlicht, dass dieser, als engagierter Verteidiger der Rebublik, sich stets gegen die Vormachtstellung des Kaisers eingesetzt hat, was ihm seinerzeit den Misswillen von Kaiser Augustus einbrachte.

Nun aber zurück zum Krieg gegen den Terror. In Labeo regt sich der böse Verdacht, dass die neueste Entwicklung der Allmachtstellung des amerikanischen Präsidenten im Kampf gegen den Terror genau das ist, was die amerika-feindlichen Terror-Regimes erreichen wollten. War es nicht seit jeher das finale Ziel des Terrorismus, die demokratische Gesellschaft in ihrem Kern zu zerstören ? Und wie erreicht man dieses Ziel besser, als wenn man den Gegner dazu verleitet, sich auf dasselbe Niveau zu begeben wie der Terrorist ?

Wenn nun also Rechtsprofessoren anerkannter Hochschulen die Meinung vertreten, der amerikanische Präsident sei allmächtig und seiner Allmacht auch durch die Verfassung keine Schranken gesetzt, dann scheint der Terrorismus seinen Kampf gegen die moderne demokratische Gesellschaft des Westens gewonnen zu haben.

Angesichts dieser Option, zieht Labeo die Ansicht von Cicero vor, der sagt: accipere quam facere praestat iniuriam

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