CHStPO:Kommentar zu Art. 57 - 60
Art. 57 Mitteilungspflicht
Liegt bei einer in einer Strafbehörde tätigen Person ein Ausstandsgrund vor, so teilt die Person dies rechtzeitig der Verfahrensleitung mit.
Art. 58 Ausstandsgesuch einer Partei
1 Will eine Partei den Ausstand einer in einer Strafbehörde tätigen Person verlangen, so hat sie der Verfahrensleitung ohne Verzug ein entsprechendes Gesuch zu stellen, sobald sie vom Ausstandsgrund Kenntnis hat; die den Ausstand begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen.
2 Die betroffene Person nimmt zum Gesuch Stellung.
Art. 59 Entscheid
1 Wird ein Ausstandsgrund nach Artikel 56 Buchstabe a oder f geltend gemacht oder widersetzt sich eine in einer Strafbehörde tätige Person einem Ausstandsgesuch einer Partei, das sich auf Artikel 56 Buchstaben b–e abstützt, so entscheidet ohne
weiteres Beweisverfahren und endgültig:
a. die Staatsanwaltschaft, wenn die Polizei betroffen ist;
b. die Beschwerdeinstanz, wenn die Staatsanwaltschaft, die Übertretungsstrafbehörden oder die erstinstanzlichen Gerichte betroffen sind;
c. das Berufungsgericht, wenn die Beschwerdeinstanz oder einzelne Mitglieder des Berufungsgerichts betroffen sind;
d. das Bundesstrafgericht, wenn das gesamte Berufungsgericht betroffen ist.
2 Der Entscheid ergeht schriftlich und ist zu begründen.
3 Bis zum Entscheid übt die betroffene Person ihr Amt weiter aus.
4 Wird das Gesuch gutgeheissen, so gehen die Verfahrenskosten zu Lasten des Bundes beziehungsweise des Kantons. Wird es abgewiesen oder war es offensichtlich verspätet oder mutwillig, so gehen die Kosten zu Lasten der gesuchstellenden Person.
Art. 60 Folgen der Verletzung von Ausstandsvorschriften
1 Amtshandlungen, an denen eine zum Ausstand verpflichtete Person mitgewirkt hat, sind aufzuheben und zu wiederholen, sofern dies eine Partei innert 5 Tagen verlangt, nachdem sie vom Entscheid über den Ausstand Kenntnis erhalten hat.
2 Beweise, die nicht wieder erhoben werden können, darf die Strafbehörde berücksichtigen.
3 Wird der Ausstandsgrund erst nach Abschluss des Verfahrens entdeckt, so gelten die Bestimmungen über die Revision.
Art. 57 verpflichtet die Mitglieder der Strafbehörden, allfällige Austandsgründe der Verfahrensleitung rechtzeitig mitzuteilen. Wann eine solche Mitteilung noch als rechtzeitig zu erachten ist, wird nicht weiter definiert.
Wahrscheinlich meint Art. 57 dasselbe wie Art. 58. In letzterer Bestimmung werden die Parteien, welche Ausstandsgründe geltend machen wollen, angehalten, dies nach Kenntnis des Ausstandsgrundes ohne Verzug zu tun. Dies entspricht auch der heutigen bundesgerichtlichen Praxis.
Rechtzeitig im Sinne von Art. 57 heisst somit ohne Verzug, nachdem dem betroffenen Mitglied der Strafbehörde ein möglicher Ausstandsgrund gegen sich zur Kenntnis gelangt, jedenfalls aber bevor er (mit dieser Kenntnis) weitere Verfahrenshandlungen vornimmt.
Art. 58 äussert sich nicht zur Frage, welche Folgen ein verspätetes Ausstandsgesuch hat. In BGE 118 Ia 282 erachtete es das Bundesgericht als zulässig, ein verspätetes Ausstandsbegehren als verwirkt zu betrachten, insofern nicht eigentliche Ausschlussgründe geltend gemacht würden. Dies dürfte wohl auch unter der dereinstigen Geltung der CHStPO der Fall sein.
Art. 59 regelt das Verfahren der Beurteilung von Ausstandsbegehren. Diesbezüglich wird unterschieden zwischen Ablehnungsgründen (lit. a und f) und Ausschlussgründen (lit. b - e). Über Ablehnungsgründe hat in jedem Fall die gem. lit. a ff. zuständige Behörde zu entscheiden, auch wenn sich das betreffende Mitglied der Strafbehörde selbst als befangen erachtet. Damit soll verhindert werden, dass sich ein Mitglied einer Strafbehörde aus Bequemlichkeit leichtfertig in den Ausstand begibt (s. Botschaft, BBl 2006, S. 1149). Bei den Auschlussgründen hingegen hat die zuständige Behörde nur zu entscheiden, wenn sich der Beamte widersetzt.
Lit. a - d nennen die zum Entscheid zuständigen Behörden. Bemerkenswert ist, dass gemäss lit. a die Staatsanwaltschaft über Ausstandsbegehren gegen die Polizei entscheidet. Dies ist Folge davon, dass gemäss der CHStPO die Polizei ausdrücklich als Strafbehörde angesehen wird und die Staatsanwaltschaft mit der Leitung der Strafuntersuchung betraut und in dieser Eigenschaft Aufsichtsbehörde der Polizei ist. Offen bleibt, wer innerhalb der Staatsanwaltschaft zu entscheiden hat. Sinnvollerweise wird dies der für die Strafuntersuchung im betreffenden Fall zuständige Staatsanwalt sein.
Der Entscheid über Ausstandsbegehren ist endgültig. Bis zum Entscheid übt der betroffene Beamte sein Amt weiter aus. Damit soll verhindert werden, dass das Verfahren mit unberechtigten Ausstandsbegehren verzögert werden kann.
Art. 60: Amthsandlungen, welche trotz Ausstandsgründen vorgenommen wurden, sind nur auf Antrag einer Partei zu wiederholen. Dies ist m.E., soweit Ausschlussgründe betroffen sind, falsch. Amtshandlungen, welche ein Mitglied einer Strafbehörde in Kenntnis eines Ausschlussgrundes und unter Verletzung der Mitteilungspflicht nach Art. 57 vornimmt, sind schlicht und ergreifend nichtig. Daran dürfte auch Art. 60 CHStPO nichts ändern (s.a. BGE 118 Ia 282).
Eine weitere Konzession zugunsten der Gültigkeit der Verfahrenshandlung macht Abs. 2: Beweise, die nicht mehr erhoben werden können (bspw. die erneute Vernehmung eines inzwischen verstorbenen Zeugen), dürfen berücksichtigt werden, auch wenn eine Partei deren Wiederholung beantragt. Auch dies kann m.E. nur bezüglich Ablehnungsgründen gelten, nicht jedoch bezüglich Ausschlussgründen.
Liegt bei einer in einer Strafbehörde tätigen Person ein Ausstandsgrund vor, so teilt die Person dies rechtzeitig der Verfahrensleitung mit.
Art. 58 Ausstandsgesuch einer Partei
1 Will eine Partei den Ausstand einer in einer Strafbehörde tätigen Person verlangen, so hat sie der Verfahrensleitung ohne Verzug ein entsprechendes Gesuch zu stellen, sobald sie vom Ausstandsgrund Kenntnis hat; die den Ausstand begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen.
2 Die betroffene Person nimmt zum Gesuch Stellung.
Art. 59 Entscheid
1 Wird ein Ausstandsgrund nach Artikel 56 Buchstabe a oder f geltend gemacht oder widersetzt sich eine in einer Strafbehörde tätige Person einem Ausstandsgesuch einer Partei, das sich auf Artikel 56 Buchstaben b–e abstützt, so entscheidet ohne
weiteres Beweisverfahren und endgültig:
a. die Staatsanwaltschaft, wenn die Polizei betroffen ist;
b. die Beschwerdeinstanz, wenn die Staatsanwaltschaft, die Übertretungsstrafbehörden oder die erstinstanzlichen Gerichte betroffen sind;
c. das Berufungsgericht, wenn die Beschwerdeinstanz oder einzelne Mitglieder des Berufungsgerichts betroffen sind;
d. das Bundesstrafgericht, wenn das gesamte Berufungsgericht betroffen ist.
2 Der Entscheid ergeht schriftlich und ist zu begründen.
3 Bis zum Entscheid übt die betroffene Person ihr Amt weiter aus.
4 Wird das Gesuch gutgeheissen, so gehen die Verfahrenskosten zu Lasten des Bundes beziehungsweise des Kantons. Wird es abgewiesen oder war es offensichtlich verspätet oder mutwillig, so gehen die Kosten zu Lasten der gesuchstellenden Person.
Art. 60 Folgen der Verletzung von Ausstandsvorschriften
1 Amtshandlungen, an denen eine zum Ausstand verpflichtete Person mitgewirkt hat, sind aufzuheben und zu wiederholen, sofern dies eine Partei innert 5 Tagen verlangt, nachdem sie vom Entscheid über den Ausstand Kenntnis erhalten hat.
2 Beweise, die nicht wieder erhoben werden können, darf die Strafbehörde berücksichtigen.
3 Wird der Ausstandsgrund erst nach Abschluss des Verfahrens entdeckt, so gelten die Bestimmungen über die Revision.
Art. 57 verpflichtet die Mitglieder der Strafbehörden, allfällige Austandsgründe der Verfahrensleitung rechtzeitig mitzuteilen. Wann eine solche Mitteilung noch als rechtzeitig zu erachten ist, wird nicht weiter definiert.
Wahrscheinlich meint Art. 57 dasselbe wie Art. 58. In letzterer Bestimmung werden die Parteien, welche Ausstandsgründe geltend machen wollen, angehalten, dies nach Kenntnis des Ausstandsgrundes ohne Verzug zu tun. Dies entspricht auch der heutigen bundesgerichtlichen Praxis.
Rechtzeitig im Sinne von Art. 57 heisst somit ohne Verzug, nachdem dem betroffenen Mitglied der Strafbehörde ein möglicher Ausstandsgrund gegen sich zur Kenntnis gelangt, jedenfalls aber bevor er (mit dieser Kenntnis) weitere Verfahrenshandlungen vornimmt.
Art. 58 äussert sich nicht zur Frage, welche Folgen ein verspätetes Ausstandsgesuch hat. In BGE 118 Ia 282 erachtete es das Bundesgericht als zulässig, ein verspätetes Ausstandsbegehren als verwirkt zu betrachten, insofern nicht eigentliche Ausschlussgründe geltend gemacht würden. Dies dürfte wohl auch unter der dereinstigen Geltung der CHStPO der Fall sein.
Art. 59 regelt das Verfahren der Beurteilung von Ausstandsbegehren. Diesbezüglich wird unterschieden zwischen Ablehnungsgründen (lit. a und f) und Ausschlussgründen (lit. b - e). Über Ablehnungsgründe hat in jedem Fall die gem. lit. a ff. zuständige Behörde zu entscheiden, auch wenn sich das betreffende Mitglied der Strafbehörde selbst als befangen erachtet. Damit soll verhindert werden, dass sich ein Mitglied einer Strafbehörde aus Bequemlichkeit leichtfertig in den Ausstand begibt (s. Botschaft, BBl 2006, S. 1149). Bei den Auschlussgründen hingegen hat die zuständige Behörde nur zu entscheiden, wenn sich der Beamte widersetzt.
Lit. a - d nennen die zum Entscheid zuständigen Behörden. Bemerkenswert ist, dass gemäss lit. a die Staatsanwaltschaft über Ausstandsbegehren gegen die Polizei entscheidet. Dies ist Folge davon, dass gemäss der CHStPO die Polizei ausdrücklich als Strafbehörde angesehen wird und die Staatsanwaltschaft mit der Leitung der Strafuntersuchung betraut und in dieser Eigenschaft Aufsichtsbehörde der Polizei ist. Offen bleibt, wer innerhalb der Staatsanwaltschaft zu entscheiden hat. Sinnvollerweise wird dies der für die Strafuntersuchung im betreffenden Fall zuständige Staatsanwalt sein.
Der Entscheid über Ausstandsbegehren ist endgültig. Bis zum Entscheid übt der betroffene Beamte sein Amt weiter aus. Damit soll verhindert werden, dass das Verfahren mit unberechtigten Ausstandsbegehren verzögert werden kann.
Art. 60: Amthsandlungen, welche trotz Ausstandsgründen vorgenommen wurden, sind nur auf Antrag einer Partei zu wiederholen. Dies ist m.E., soweit Ausschlussgründe betroffen sind, falsch. Amtshandlungen, welche ein Mitglied einer Strafbehörde in Kenntnis eines Ausschlussgrundes und unter Verletzung der Mitteilungspflicht nach Art. 57 vornimmt, sind schlicht und ergreifend nichtig. Daran dürfte auch Art. 60 CHStPO nichts ändern (s.a. BGE 118 Ia 282).
Eine weitere Konzession zugunsten der Gültigkeit der Verfahrenshandlung macht Abs. 2: Beweise, die nicht mehr erhoben werden können (bspw. die erneute Vernehmung eines inzwischen verstorbenen Zeugen), dürfen berücksichtigt werden, auch wenn eine Partei deren Wiederholung beantragt. Auch dies kann m.E. nur bezüglich Ablehnungsgründen gelten, nicht jedoch bezüglich Ausschlussgründen.
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